Corona und Lüften - TU Berlin
Ein Forscherteam am Hermann-Rietschel-Institut an der TU Berlin bestätigt: CO2 ist ein guter Indikator für die Aerosolkonzentration im Raum. Menschen geben permanent sowohl CO2 als auch Aerosole ab. In Abhängigkeit von der CO2-Konzentration können sich Personen demnach eine gewisse Zeit in einem Raum aufhalten bis eine bestimmte Virendosis eingeatmet wurde. >> weitere Info und Gelegenheit zur Diskussion
Studie über Kinoraum versus Büro
Selbst bei dem sehr unwahrscheinlichen Szenario, dass in einem vollbesetzten, per Quelllüftung belüfteten Kinosaal 10 % der Besucher beim Atmen Coronaviren an die Raumluft abgeben, ergibt sich dort eine erheblich geringere Aerosolkonzentration (200 P/m³) als in dem Beispiel-Büroraum (1.500 P/m³) und somit auch ein geringeres mögliches Infektionsrisiko. >> Untersuchungsbericht Kinosääle
TU-Berlin, Corona - Luftverteilung
in ventiliertem Büro
in nicht gelüftetem Büro
Luftverteilung ohne/mit Lüftung im Schulzimmer
Auszug: Risikobewertung von Probenräumen für Chöre
Während des Singens werden, wie auch beim Sprechen, Aerosole abgegeben. Die Ergebnisse von Messung der Emissionsrate haben gezeigt, dass bis zu 30 mal mehr Partikel während des Singens als während des Sprechens abgegeben werden.
Eine Möglichkeit der Risikoreduktion liegt in einer Verkürzung der Probenzeit, wobei mit den im vorliegenden Beispiel gewählten 2 Probensegmenten von jeweils 30 Minuten und zwingender Zwischenlüftung ein auch aus künstlerischer Sicht praktikabler Kompromiss für die Modellrechnung angesetzt wurde.
Zur Erhöhung des Luftvolumens pro Person sollten für Chorproben möglichst grosse Räume ausgewählt werden. Die Anzahl der Sängerinnen und Sänger muss reduziert werden, wobei sich allein aufgrund des zum Schutzes vor Tröpfchen ratsamen Abstandes eine Begrenzung der Anzahl der Personen im Raum ergibt.
Ein wesentlicher Faktor zur Risikoreduktion liegt in den zur Verfügung stehenden Lüftungsoptionen, wobei sowohl Fensterlüftung als auch maschinelle Lüftung verglichen wurden. Insbesondere eine adäquate maschinelle Belüftung hat ein erhebliches Potential zur Risikoreduktion und sollte nach Möglichkeit bevorzugt werden. Auch durch Fensterlüftung kann eine erhebliche Risikoreduktion erreicht werden, die allerdings erheblich von den Witterungsbedingungen abhängig und schwer einzuschätzen ist. Gerade bei sehr kurzen Pausenzeiten muss beachtet werden, dass eine Fensterlüftung unter Umständen für eine relevante Senkung der Aerosolkonzentration nicht ausreicht.
Die Betrachtungen zeigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen bei optimaler Ausschöpfung der verschiedenen Handlungsoptionen Chor- und Ensemblegesang realisierbar ist, auch wenn ein verbleibendes Restrisiko einer Infektion adressiert werden muss.
Ensemblegrösse und -aufstellung, Probenkonzeption, Raumgrösse und Lüftungskonzept sind effektive Instrumente der Risikoreduktion in Ergänzung der grundlegenden Hygienemassnahmen und Abstandsregeln.
Aufgrund des hohen Stellenwertes des Singens in den Bereichen Kultur und Bildung ist ein bestmögliches Risikomanagement von besonderer Bedeutung, um in Zusammenarbeit mit privaten und öffentlichen Entscheidungsträgern individualisierte Proben- und Aufführungskonzepte für den Chorgesang zu ermöglichen.
Forscher finden möglichen Superspreader
Quelle: Die Welt
Ein Mitarbeiter bei Tönnies steckte offenbar Menschen an, die mehr als acht Meter von ihm entfernt arbeiteten. Möglich wurde die Übertragung über diese Entfernung offenbar durch die Kombination verschiedener Faktoren.
Ein Mitarbeiter in der Rinderzerlegung hat im Mai 2020 laut einer Studie das Coronavirus bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück verteilt. Dabei wurde das Virus nach dem Forschungsergebnis von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), der Uniklinik Hamburg-Eppendorf und des Leibniz-Instituts für Experimentelle Virologie (HPI) auf mehrere Personen im Umkreis von mehr als acht Metern übertragen, wie das HZI am Donnerstag mitteilte. Dazu wurden die Standorte der Arbeiter bei der Arbeit und die Infektionsketten anhand von Virussequenzen analysiert.
In der Zerlegung wird die Luft durch Umwälzung auf 10 Grad gekühlt. Der Bonner Hygieneprofessor Martin Exner hatte die Luftumwälzung als einen möglichen Faktor für die Virusausbreitung benannt, nachdem er die Arbeitsbedingungen vor Ort im Werk analysiert hatte. Tönnies hat daraufhin neue Filteranlagen installiert, um das Verteilen des Virus über die Luft zu unterbinden.
Exner hatte Mitte Juni zudem vermutet, dass auch die Wohnsituation der Arbeiter eine Rolle spielen könne. Die Forscher aus Hamburg und Braunschweig dagegen betonten nun, dass die Wohnsituation der Werksarbeiter während der untersuchten Phase keine wesentliche Rolle gespielt habe.
„Unsere Studie beleuchtet Sars-CoV-2-Infektionen in einem Arbeitsbereich, in dem verschiedene Faktoren aufeinandertreffen, die eine Übertragung über relativ weite Distanzen ermöglichen. Es stellt sich nun die wichtige Frage, unter welchen Bedingungen Übertragungsereignisse über größere Entfernungen in anderen Lebensbereichen möglich sind“, sagte Melanie Brinkmann, Professorin und Forschungsleiterin am HZI in Braunschweig.
„Damit ist ein Superspreader-Vorgang für den Ausbruch bei Tönnies gefunden“
Adam Grundhoff, Mitautor der Studie, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das Ergebnis: „Damit ist ein Superspreader-Vorgang für den Ausbruch bei Tönnies gefunden.“ Auch sei nachgewiesen worden, dass die bei Tönnies gefundenen Virussequenzen zuvor in einem Werk einer Westfleisch-Tochter in Dissen in Niedersachsen auch eine Rolle gespielt haben, sagte der Professor. Die Studienergebnisse wurden noch nicht in einem Fachjournal veröffentlicht, sondern vorab auf eine sogenannte Preprint-Plattform gestellt.
„Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedingungen des Zerlegebetriebs – also die niedrige Temperatur, eine geringe Frischluftzufuhr und eine konstante Luftumwälzung durch die Klimaanlage in der Halle, zusammen mit anstrengender körperlicher Arbeit – die Aerosolübertragung von Sars-CoV-2-Partikeln über größere Entfernungen hinweg förderten“, sagte Grundhoff.
Tönnies-Sprecher André Vielstädte berichtete, dass sich die Zahl der gefundenen Infektionen von der Rinderzerteilung über die Sauen- und später die Schweinezerteilung ausgebreitet habe. Das hätte die eigene Reihentestung gezeigt. Zwar würden die Arbeiter nicht in den unterschiedlichen Bereichen durchmischt eingesetzt. „Aber die Bereiche liegen in der Fabrik nah beieinander“, erklärte Vielstädte. Die Arbeiter würden sich in den Gängen auf dem Weg zur Arbeit und in den Sozialräumen begegnen.