Aktuelle Informationen zur Luft- und Wasserhygiene

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Wenn die eigene Wohnung krank macht

GettyImages 592007587Kinder leiden viel stärker als Erwachsene unter einem ungesunden Wohnumfeld.
Millionen von Menschen leben in Wohnungen, die sie krank machen. Hauptursachen sind Feuchtigkeit und Luftqualität.

 Quelle: Die Welt von Michael Fabricius

 

Was haben eine Sechs auf dem Schulzeugnis und Schimmel in der Wohnung miteinander zu tun? Auf den ersten Blick sehr wenig. Denn warum sollten die Leistungen in der Schule schlecht ausfallen, nur weil zu Hause ein paar Stellen feucht sind? Doch bei genauerem Hinsehen gibt es eben doch einen Zusammenhang.

Wo der Schimmel blüht, gibt es meistens noch andere Faktoren, die den Aufenthalt zu Hause beeinträchtigen – Feuchtigkeit, Lärm oder schlechte Lichtverhältnisse. Unter einem ungesunden Wohnumfeld leidet vor allem die Gesundheit von Kindern. Auch die Konzentrationsfähigkeit und die emotionale Stabilität. Wer sich nicht gut fühlt oder schlecht schläft, lernt schlechter. Und da ist er schon: der Grund für die miese Note am Ende des Schuljahres.

Die Rand Corporation, ein Thinktank aus den USA, ist überzeugt: Viele Kinder haben kein gesundes Zuhause, sind deshalb öfter krank, unkonzentriert und fehlen auch häufiger in der Schule. In Deutschland leben 10,7 Millionen Kinder im Alter unter 16 Jahren. Von ihnen berichten 1,53 Millionen über Feuchtigkeit in ihren Wohnungen, 2,52 Millionen über zu viel Lärm und je 400.000 über mangelndes Tageslicht sowie schlechte Heizungen. Unter Erwachsenen sei der Anteil der Beschwerden über derartige Beeinträchtigungen deutlich kleiner.

„Kinder leiden also nicht nur tendenziell, sondern erheblich mehr unter einem unzureichenden Wohnumfeld als Erwachsene“, schlussfolgern die Experten von Rand („Research and Development“). Die umfangreiche Untersuchung der Amerikaner wurde vom Dachfensterhersteller Velux in Auftrag gegeben und stützt sich auf eine Vielzahl von Datensätzen – so auf Erhebungen der EU-Statistik zu Einkommens- und Lebensverhältnissen (EU-SILC) sowie der weltweiten Forschungsgemeinschaft „Global Burden of Disease“ (GBD).

In signifikantem Ausmaß berichten Kinder, die in feuchten Wohnungen leben, auch über zu viel Lärm oder zu wenig Wärme und jeweils umgekehrt“, heißt es in der Auswertung. Wobei in Deutschland einige Beobachtungen besonders auffallend sind. Bei den verschiedenen Befragungen – die teilweise schon in den vergangenen Jahren stattgefunden haben – stellte sich heraus, dass Kinder hierzulande im Vergleich zur übrigen Europäischen Union (EU) häufiger über eine hohe Lärmbelastung klagen.

Im EU-Durchschnitt sehen sich 17 Prozent der Kinder zu viel Lärm in der Wohnung ausgesetzt, in Deutschland sind es 24 Prozent. Nur in Portugal wird ein ähnlich hoher Wert erreicht. Das könnte zwar auch an einer unterschiedlich sensitiven Wahrnehmung von Lärm liegen, doch die Forscher haben nach eigenen Angaben in der Studie versucht, solche Unschärfen herauszurechnen.

Die von Rand festgestellten Beeinträchtigungen beschreiben die Belastungen im normalen Wohnalltag. Etwas anderes sind die unmittelbar gefährlichen sogenannten Wohngifte, die zusätzlich auftreten und eine weitere Gesundheitsgefahr darstellen: Formaldehyd, das aus manchen Möbeln ausdünstet. Oder flüchtige organische Verbindungen (VOC), die manche modernen Baustoffe emittieren. Oder Holzschutzmittel mit Pentachlorphenol (PCP). Solche Stoffe kommen ebenfalls häufiger vor, etwa in Weichmachern von Kinderspielzeug oder in manchen Dichtungsmitteln, die in der Bausubstanz stecken.

Doch eine feuchte und laute Wohnung ist eben häufiger als giftiger Plastikdunst und sorgt bei betroffenen Kindern dafür, dass sie 15 Prozent häufiger über eine schlechtere Gesundheit klagen als andere Kinder. Und sie klagen nicht nur, sie sind sogar tatsächlich häufiger krank. An einer Stelle beispielsweise haben die im weltweiten GBD-Netzwerk zusammengeschlossenen Fachleute festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder in einer feuchten Wohnung an Asthma erkranken, um 7,6 Prozent höher ist als in anderen Wohnungen.

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Copyright: Infografik WELT

Die Rand-Forscher teilten zur genaueren Bestimmung die Wohngebäude und ihre Bewohner in drei Risikogruppen ein: Einfamilienhäuser und Etagenwohnungen mit noch laufenden Kreditverpflichtungen – in der Regel moderne Gebäude mit einer guten Substanz. Hier gibt es kaum Probleme. Zweitens: abbezahlte Häuser und Wohnungen, häufig mit schlechterer Substanz und Sanierungsstau. Dort sind die Klagen zwar häufiger, aber meistens wohnen in solchen Häusern auch seltener minderjährige Personen. Und schließlich drittens: vermietete Wohnungen und Häuser. Hier wird laut Velux zu wenig in Sachen Wohngesundheit getan: „Obwohl zu einem großen Teil professionell verwaltet, werden notwendige bestandserhaltende Maßnahmen offensichtlich nicht durchgeführt.“

Wer hier am stärksten einer ungesunden Wohnsituation ausgesetzt ist, dürfte klar sein: „Neben dieser Einteilung nach Eigentümertypus sind besonders die Bezieher niedriger Einkommen signifikant höher den Risikofaktoren ausgesetzt. Höhere Belegungsdichte erhöht das Feuchte- und Schimmelrisiko, ungenügendes Heizen – ob aus Sparsamkeit oder aufgrund einer schlechten Heiztechnik – führt genau wie unzureichendes Lüften unweigerlich zu Schimmelbildung“, stellt Velux in einer eigenen Auswertung fest. In sozialen Randgruppen wird zu 50 Prozent häufiger über eine schlechte Kindergesundheit geklagt als in anderen Milieus.

Was wäre also zu tun? Zumindest was den Schimmel angeht, hat Velux-Deutschland-Geschäftsführer Jacob Madsen einen einfachen Hinweis: lüften. Mindestens zweimal pro Tag für etwa zehn Minuten die Fenster weit öffnen und Frischluft durchziehen lassen. Viele Mieter machten das oft deshalb nicht, weil sie glauben, dass die Heizungsrechnung dadurch höher ausfällt. Dabei ruht die thermische Energie nicht in der Luft, sondern in Wänden und Mobiliar, sagt Madsen. Durch kurzes Lüften kühle die Wohnung nicht aus. „Übrigens ist das Aufheizen feuchter Luft teurer als bei trockener, frischer Luft“, sagt er.

Darüber hinaus sieht das Unternehmen mit Sitz in Dänemark ein neues Problem auf Deutschland zurollen. Wenn das Klimaschutzpaket umgesetzt und viele Gebäude energetisch saniert werden, geht es meistens um eine zusätzliche Dämmschicht. Und wenn die angebracht wird, passieren Fehler. Kältebrücken, die auf der Wand-Innenseite feuchte Stellen entstehen lassen. Peter Foldbjerg, bei Velux zuständig für Gesundheitsthemen, sagt: „Wir haben der Energieeffizienz zu lange Priorität eingeräumt und Faktoren der menschlichen Gesundheit missachtet.“

Hintergrund: Fensterfachmann Jacob Madsen klärt auf
WELT: Herr Madsen, Geht es um schlechte Luft, diskutiert Deutschland vor allem über hohe Feinstaubwerte auf den Straßen.

Jacob Madsen: Vielleicht sind die Werte an manchen Stellen tatsächlich hoch. Aber wir bei Velux betonen immer: 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir in Innenräumen. Und die Luft drinnen ist meistens schlechter als draußen. Vor allem in Kinderzimmern werden auch spezielle Schadstoffe festgestellt, die zum Beispiel aus Plastikspielzeugen stammen. Auch Elektronikbauteile in Computern dünsten Gase aus.

WELT: Oft wird behauptet, in Neubauten sei die Luft schlecht und feucht, weil sie gedämmt sind.

Madsen: In einem alten Haus hat man tatsächlich eine bessere „Lüftung“, weil es da undichte Stellen gibt – an Fenstern, Türen und Dächern. Aber das ist ja kein Vorteil. Moderne Dämmung und dichte Fenster sind sinnvoll. Man muss nur richtig lüften.

WELT: Aber entsteht in dick gedämmten Neubauten nicht auch besonders häufig Schimmel?

Madsen: Schimmel gibt es in Alt- und in Neubauten. Fast immer ist die Ursache eine Fläche an der Innenwand, die kälter ist als der umliegende Bereich. Oft sind bautechnische Ungenauigkeiten kombiniert mit hoher Luftfeuchtigkeit die Ursache. Also: lüften!

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