1. Mehr Aussenluft - 2. Mundschutz
Der Biologe Matthew Meselson von der Harvard University warnt: «Aerosole könnten eine Bedrohung selbst bei erklecklichem Abstand und in geschlossenen Räumen sein», schreibt er in einem Kommentar und empfiehlt, Masken zu tragen und für eine gute Durchmischung der Raumluft zu sorgen.
Prof. Martin Kriegel, Leiter Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin, bestätigt (Auszugsweise, ergänzt)
- Die durch Atmung oder Husten in die Luft gelangten Tröpfchen werden durch Verdunstung schnell kleiner, sodass sie alle zügig kleiner als 10 µm sind und somit sehr lange in der Luft verweilen (bis 72 h).
- Je trockener die Umgebungsluft, desto grösser die Verdunstungsrate und desto schneller werden die Tröpfchen kleiner (ideal wäre 40 - 60 % rel. Raumfeuchte).
- Befindet sich eine mit einem Virus infizierte Person in einem Raum, wird die Luft mit durch Viren beladenen Tröpfchen aufkonzentriert.
- Eine Erhöhung der Aussenluftzufuhr über Lüftungsanlagen ist generell sinnvoll, bietet jedoch keinen sicheren Schutz, da die Lufterneuerung im Raum lange dauert.
- Ein gesunder Körper hat natürliche Schutzmechanismen, die zunächst ein Eindringen in den Körper verhindern. Dennoch kann es bei erhöhter Virendosis zu einer Infektion kommen.
Empfehlung an kritische Personen in fremden Räumen: Mundschutz tragen!
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Fachartikel und wissenschaftlichen Hintergrund www.svlw.ch/728
Quelle: TA vom 21.04.2020
Wird das Virus auch beim Sprechen übertragen?
Verbreitungsweg von Corona Die Hinweise mehren sich, dass Sars-CoV-2 nicht nur durch Husten und Niesen übertragen werden kann.
Aus Menschensicht gibt es fiese Viren - und ganz fiese Viren. Trotz des ganzen Elends, das das neue Coronavirus Sars-CoV-2 gerade über den Planeten bringt, bestand bis jetzt noch eine leise Hoffnung, dass es sich zumindest in einem Aspekt um einen leichter beherrschbaren Erreger handeln könnte: was seinen Verbreitungsweg betrifft.
Doch diese Hoffnung wird gerade mehr und mehr zerstreut. Zunehmend gehen Fachleute davon aus, dass Sars-CoV-2 nicht nur durch Husten und Niesen von einem Menschen zum anderen springen kann, sondern auch durch Sprechen. Diese Befürchtung stützt jetzt eine US-Studie, im Rahmen derer Forscher der Frage nachgingen, ob Menschen auch beim einfachen Sprechen potenziell ansteckende Feuchtigkeit ausstossen.
Beim Husten und Niesen bilden sich immer relativ grosse Tröpfchen. Stammen sie von einem Infizierten, dann enthalten sie mehr Viren als feine Tröpfchen. Dennoch haben die grossen Tröpfchen auch einen Vorteil: Sie sinken wegen ihres Gewichts schnell zu Boden. Besonders winzige Tröpfchen trocknen dagegen zwar schneller aus, aber dafür bleiben sie als «Aerosol» lange in der Luft.
Aerosole als Bedrohung
Wenn Viren das Eintrocknen der Tröpfchen recht gut überstehen, können sie demnach auch durch Aerosole übertragen werden. Dass dies für Sars-CoV-2 gilt, dazu hatten Forscher zuletzt immer mehr Daten präsentiert. Die National Academy of Sciences der USA hatte deshalb bereits Anfang April davor gewarnt, das deutsche Robert-Koch-Institut formulierte vorsichtiger, eine solche Übertragung sei «unter gewissen Umständen» möglich.
Die aktuelle Studie zeigt nun, wie viele Tröpfchen sich schon beim normalen Sprechen bilden. Die Forscher hatten Menschen gebeten, den gut gemeinten, aber feuchtigkeitsanfälligen Wunsch «stay healthy» auszusprechen. Ein Laser zeigte, dass Probanden dabei jede Menge Tröpfchen unterschiedlicher Grösse produzierten - je lauter sie sprachen, desto mehr. Auch ruhig und mit normal lauter Stimme zu sprechen, könne demnach dazu beitragen, die Viren zu verbreiten, folgert das Team. Aber es lieferte auch einen Lichtblick: Sobald die Testpersonen ein Tuch vor dem Mund trugen, war es vorbei mit der feuchten Aussprache.
Der Biologe Matthew Meselson von der Harvard University interpretiert die Daten als Warnung: «Aerosole könnten eine Bedrohung selbst bei erklecklichem Abstand und in geschlossenen Räumen sein», schreibt er in einem Kommentar und empfiehlt, Masken zu tragen und für eine gute Durchmischung der Raumluft zu sorgen.
Ob ein Mensch durch Sprechen wirklich einen anderen anstecken kann, ist mit der neuen Studie trotzdem nicht bewiesen. Schon gar nicht bedeuten die Daten, dass Sprechen im Freien eine Gefahr ist. Der deutsche Corona-Experte Christian Drosten ging bereits Anfang April davon aus, dass die Luftübertragung von Sars-CoV-2 möglich ist. «Diese Tröpfchen stehen in der Raumluft», sagte er im Podcast von NDR-Info, aber gab zugleich Entwarnung: Viele Supermärkte und öffentliche Räume sorgten für einen guten Luftaustausch, «sodass man nicht unbedingt in der ängstlichen Vorstellung leben muss, dass die Luft jetzt überall voller Virus ist».