Anstieg der CO2 Konzentration
Die CO2-Konzentration ist über 30 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren. Das zeigen Eiskern-Bohrungen in der Antarktis. «Der Wert ist von eminent historischer Bedeutung», sagt Thomas Stocker, Berner Klimaforscher und ehemaliger Co-Chair beim Weltklimarat IPCC.
Klimaforscher halten wenig von Symbolen. Sie orientieren sich an Messwerten und Modellergebnissen. Doch diesem Rekordwert messen sie eine grosse Bedeutung zu: Die durchschnittliche Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid CO2 hat in der Atmosphäre während des gesamten Jahres 2016 einen extremen Wert überschritten: 400 ppm. Das heisst: 400 CO2-Moleküle auf eine Million Moleküle in der Luft, parts per million. Das hat die Messstation auf dem hawaiischen Vulkan Mauna Loa registriert. Nun hat das Infrarot-Messgerät Airs auf dem Nasa-Satelliten Aqua bestätigt, dass diese Schwelle auf unserem gesamten Planeten übertroffen wurde.
Klimatisch wird sich zwar nichts ändern, ob der Wert knapp darunter- oder darüber liegt. Dennoch sind runde Zahlen in unserer Gesellschaft oft bedeutende Marksteine. "Der Wert ist von eminent historischer Bedeutung», sagt Thomas Stocker, Berner Klimaforscher und ehemaliger Co-Chair beim Weltklimarat IPCC. «Die CO2-Konzentration ist über 30 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren." Dieser rasante Anstieg ist durch die Nutzung von Kohle und Erdöl, sowie die Abholzung verursacht. Wir sind immer noch auf dem Business-as-Usual Level bezüglich der weltweiten Emissionen. Ein Hoffnungsschimmer ist, dass in den letzten drei Jahren der Anstieg sehr klein war, bzw. um Null. Einige sprechen bereits vom peak emission, aber da bin ich mir noch nicht sicher."
Tages-Anzeiger – Dienstag, 7. Februar 2017
Kommentar Martin Läubli, Wissen-Redaktor, über unterschätzte Klimaleugner.
Jetzt nur keinen Rückschritt, bitte!
Es ist wie bei Gedenktagen. Sie helfen, sich an Dinge zu erinnern, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Viele Klimaforscher griffen in den letzten Wochen zu dieser hilfreichen Stütze, die wissenschaftlich keine grosse Bedeutung hat, sich jedoch als Erinnerungsinstrument gut eignet: Die Konzentration des klimawirksamen Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre hat einen bedenklichen Wert überstiegen.
Wir befinden uns klimatisch in einer Welt, die bisher kein Mensch in dieser Dimension erfahren hat. Und die CO2-Kurve zeigt nach wie vor steil nach oben.
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Wissenschaft längst nicht mehr nur die Daten und Interpretationen liefert und den Politikern und Behörden das Handeln überlässt. Längst verurteilt sie die zögerliche, in ihren Augen unverantwortliche politische Haltung. Seit dem Erfolg der internationalen Klimapolitik in Paris im Dezember 2015 gehört Klimaschutz nicht mehr zu den Topthemen. Als wäre die Basis gelegt, um erfolgreich den Pfad zur postfossilen Gesellschaft zu beschreiten.
Das Selbstbewusstsein unter den Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens war an der Klimakonferenz in Marrakesch im vergangenen November so gross, dass die Delegierten und Umweltaktivisten selbst auf die Ankündigung von Donald Trump – damals noch Präsidentschaftskandidat – sehr gelassen reagierten. Der Prozess zur emissionsfreien Zivilisation sei unaufhaltsam, war der Grundtenor.
Inzwischen ist der unterschätzte Kandidat Präsident geworden – und versucht die Umweltbehörde zu schwächen und die Klimaforscher zu kontrollieren. Klimaschutz war unter dem Vorgänger Barack Obama ein grosses Anliegen. Trump hat das Thema kurzerhand von der offiziellen Website des Weissen Hauses gestrichen. Der neue Wind in der US-Regierung bringt auch wieder Bewegung in die Szene, die den vom Menschen verursachten Klimawandel leugnet. Und auch für viele konservative Regierungen ist die Versuchung wieder gross, Klimaschutz zu vernachlässigen.
Ein Rückschritt ergibt keinen Sinn: Das Zeitalter der postfossilen Gesellschaft ist längst eingeläutet.