Aktuelle Informationen zur Luft- und Wasserhygiene

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Feinstaub an Flughäfen

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Um den Flughafen Düsseldorf werden hohe Konzentrationen an "Ultrafeinstaub" gemessen. Ein neues Gutachten warnt vor den gesundheitlichen Auswirkungen. Doch die Behörden warten erst einmal ab. Fehlen die Kontrollen?

Artikel aus: Die Welt

Fehlende Kontrollen

Feinstaubgefahr durch Flughäfen

Guido M. Hartmann

Startendes-Flugzeug-ueber-Wohnhaus.jpgFoto: picture alliance / dpa

Um den Flughafen Düsseldorf werden hohe Konzentrationen an "Ultrafeinstaub" gemessen. Ein neues Gutachten warnt vor den gesundheitlichen Auswirkungen. Doch die Behörden warten erst einmal ab.

Mit einem blauen Messgerät nähert sich Christoph Lang dem Tor 1 des Düsseldorfer Flughafens. Hinter der gesicherten Absperrung lassen gerade einige Maschinen ihre Triebwerke warmlaufen. Der etwa 5000 Euro teure TSI-Zähler, den sich der Fluglärm-Gegner bei Gleichgesinnten aus Hessen ausgeliehen hat, zeigt eine Konzentration von mehr als 500.000 Ultrafeinstaub-Partikeln pro Kubikzentimeter Luft an; dieses Volumen entspricht etwa der Größe eines Zuckerwürfels.

"Das ist sehr gefährlich", sagt Lange. "Und hier arbeiten Menschen ohne jeden Mund- oder Atemschutz." Dann eilt eine Wachfrau herbei und fragt den Meerbuscher, was er hier mache. "Ich messe hier die Schadstoffe in der Luft, die Sie täglich einatmen müssen." Er sei auch als Mitglied der Fluglärm-Kommission vor Ort, sagt Lange. Zudem ist der Beamte Vorsitzender des Vereins "Bürger gegen Fluglärm" mit etwa 6500 Mitgliedern im Großraum Düsseldorf.

Schadstoffe wie Feinstaub sind seit Jahren in aller Munde. Die größeren Städte müssen Luftreinhaltepläne erstellen, es wird zudem über eine neue blaue Plakette für "Sauberdiesel" und Fahrverbote für ältere Diesel-Modelle in den Cities diskutiert. Die großen Flughäfen scheinen hingegen bislang in Sachen Feinstaub nicht im Blickpunkt zu stehen. Nun hat ein Gutachten des Universitätsklinikums Düsseldorf zu den "gesundheitlichen Auswirkungen der geplanten Erweiterung der Flugbewegungen am Flughafen Düsseldorf" das Thema Luftverschmutzung verstärkt in den Blickpunkt genommen.

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Die Arbeits-, Sozial- und Umweltmediziner um Professor Barbara Hoffmann haben das im Auftrag der Bürger gegen Fluglärm und zweier anderer Vereine erstellte Gutachten gerade vorgelegt. Es wurde unter anderem an die Bezirksregierung und die Anhörungsbehörde verteilt, die mit über die beantragte Erweiterung der Flugbewegungen in Düsseldorf entscheiden sollen.

Studien legen Gefahr nahe

In dem 150-Seiten-Gutachten sind auch die von Christoph Lange an rund 20 Messstellen erhobenen Daten als "orientierende Vergleichsmessungen" teilweise erwähnt. Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass die Werte aufgrund von Windrichtung, Wetterlage und anderen Faktoren noch zu ungenau seien, um allgemeingültige Aussagen treffen zu können. "Eine systematische Erfassung der Belastung mit Ultrafeinstäuben im Einwirkungsbereich des Flughafens Düsseldorf ist daher sinnvoll", schreiben die Gutachter.

Ultrafeinstaub sind kleinste Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 0,1 Mikrometer (PM 0,1). Während größerer Feinstaub (PM 10) in den oberen Atemwegen "hängen" bleibt und wieder ausgeschieden wird, können die Mini-Teilchen bis in die Lungenbläschen und den Blutkreislauf vordringen. Von dort können sie in den ganzen Körper vordringen und etwa zu Kreislauferkrankungen führen. Internationale Studien, etwa aus den USA und den Niederlanden, scheinen die gesundheitlichen Schäden von Ultrafeinstaub zu belegen. Das niederländische Umweltministerium sieht darin ein besonderes gesundheitliches Risiko, weil diese ultrafeinen Partikel Entzündungen in den Luftwegen verursachen können. Die Gefahr sieht auch eine umfassende Studie der Weltgesundheitsorganisation von 2013. Allerdings fehlen bislang noch Erkenntnisse über Langzeiteffekte.

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In Briefen an Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) fordern sowohl die Initiative "Kaarster gegen Fluglärm" wie auch die "Bürger gegen Fluglärm" regelmäßige Messungen auf Ultrafeinstaub rund um den größten NRW-Flughafen. Vor dem Hintergrund des ständig wachsenden Flugverkehrs und den Düsseldorfer Plänen, die Betriebskapazitäten um bis zu einem Drittel auszuweiten, sei dies "im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung geboten", schrieb Werner Kindsmüller, Chef der Kaarster Initiative, am 31. Oktober an Johannes Remmel. Und Christoph Lange aus Meerbusch fügte einem entsprechenden Schreiben samt Messergebnissen an den Umweltminister noch Links bei. Diese führen zu kleinen Youtube-Filmen, die seine Messungen rund um den Flughafen dokumentieren.

Auf Straßen wird gemessen, an Flughäfen nicht

In einem Film zeigt Lange einen über einem Kindergarten in Düsseldorf-Lohhausen einfliegenden Jet. Kurz darauf steigt die Feinstaubbelastung vor Ort laut Gerät von 45.000 auf rund 130.000 Teilchen an. Für Kinder dürfte die Gefahr besonders groß sein, sagt Lange. "Hier haben wir 160.000 Partikel gemessen, also das Dreifache der Corneliustraße. Gesund kann das nicht sein."

Die Düsseldorfer Corneliusstraße gilt als die am stärksten mit Feinstaub belastete Verkehrsmeile der Landeshauptstadt. Die dortigen Werte werden durch eine fest installierte Station des Landesumweltamtes (Lanuv) täglich überprüft. Auch sonst lägen die Maximalwerte an den Messestellen um den Flughafen zeitweise immer noch um das drei- bis fünffache über den Werten an der Corneliusstraße, sagt Lange. Extrem sei es in den Wohngebieten südlich und westlich des Flughafens. "Und es ist doch ein Treppenwitz, dass die Düsseldorfer Umweltzone schön um den Flughafen herumführt und dieser im Luftreinhalteplan der Bezirksregierung so gut wie gar nicht vorkommt!"

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Das Landesumweltministerium bestätigt, dass es bislang nur wenige Messungen zur Konzentration von Ultrafeinstaub in der Außenluft gibt. Das dem Ministerium unterstellte Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) messe zwar auch seit 2009 an der vom Kfz-Verkehr stark belasteten Gladbecker Straße in Essen sowie in Mülheim-Styrum. An den NRW-Großflughäfen würden aber bislang nicht systematisch Werte erhoben.

Messwerte "grundsätzlich plausibel"

Gemessen wird die Anzahl ultrafeiner Partikel (UFP) aber seit 2015 von hessischen Umweltbeamten und dem Umweltbundesamt, und zwar in der hessischen Kleinstadt Raunheim. Erste windrichtungsabhängige Auswertungen deuteten auf den Flughafen Frankfurt "als eine der Quellen" für die Minipartikel hin. Diese Messungen sollen fortgesetzt werden, zudem hat das Umweltbundesamt ein zusätzliches Forschungsvorhaben zu Ultrafeinstaub rund um den Großflughafen gestartet.

Das NRW-Umweltministerium verfolge die in Hessen vorgenommenen Messungen und das neue Projekt "mit großem Interesse", heißt es aus dem Hause Remmel. Die Ergebnisse, die für den größten Flughafen Deutschlands gewonnen würden, könnten "als Grundlage für Abschätzungen zum Einfluss des Düsseldorfer Flughafens auf die UFP-Konzentration im Umfeld herangezogen werden". Zudem bewerte das NRW-Landesumweltamt die von Christoph Lange übersandten Messergebnisse "als grundsätzlich plausibel". Die Anzahlkonzentration der Partikel unterliege aber starken räumlichen und zeitlichen Schwankungen. "Um vergleichbare Werte zu erhalten, müsste nach einheitlichen Vorgaben gemessen werden", heißt es im Ministerium. Zugleich räumt man ein: "Einen Maßstab zur gesundheitlichen Bewertung der Konzentrationen ultrafeiner Partikel in der Umgebungsluft gibt es bisher nicht."

Allerdings sei der Flughafen durchaus Bestandteil des Luftreinhalteplans Düsseldorf. Die vom Flugverkehr ausgehenden größeren Feinstäube (PM 10) und die Stickoxide (NOX) gingen in die Betrachtungen mit ein. Jedoch ist auf Seite 37 des Planes nur ein Satz zum Airport zu finden, der auf ältere Daten verweist: "Die Emissionen des Flugverkehrs können dem Emissionskataster mit Stand 2008 entnommen werden. Danach trägt der Flugverkehr mit rd. 525 t NOX und mit ca. 1,7 t PM10 zur Emissionsbilanz bei." Also 1,7 Tonnen größerer Feinstaub und 525 Tonnen Stickstoffoxide.

Woher kommt der Feinstaub?

Der Flughafen Köln/Bonn wiederum wurde laut Ministerium in den Luftreinhalteplänen der beiden Städte nicht mitbetrachtet, weil er eher außerhalb liege. Es gebe auch keinerlei Hinweise, dass der Airport in Köln oder Bonn zur Belastung mit Feinstaub und/oder Stickstoffdioxid beitragen könnte.

Ein großes Problem mit Ultrafeinstäuben ist jedoch, dass die von Flugzeugen zumeist in größerer Höhe ausgestoßenen Teilchen am Boden bei Messungen oft nur noch schlecht dem Verursacher direkt zuzuordnen sind. Und anders als Feinstaub, der sich relativ gleichmäßig in der Luft verteilt, schweben die Miniteilchen und auch Stickstoffoxide "zackenartig" hinab. Neben Flugzeugmotoren sorgen aber auch private Heizungen und Kamine sowie Industrie und Landwirtschaft für Feinstäube aller Art in der Luft.

Aber auch der sogenannte "Vorfeld-Verkehr" von Bussen, Schleppern und ähnlichen Gefährten bedeute eine zusätzliche Belastung, sagt der freie Verkehrsberater Axel Friedrich. Bislang habe das lediglich der Flughafen Zürich eingeräumt und ein effizientes Programm zur Verminderung der Verbrennungsgase aufgelegt. Für den promovierten Chemiker und früheren Abteilungsleiter im Umweltbundeamt sind Langes Messungen rund um den Flughafen Düsseldorf nachvollziehbar.

Der Flughafen Düsseldorf will weiter wachsen

Dort wie auch am Flughafen Köln/Bonn verweist man jedoch auf vielfältige Maßnahmen, um die eigenen Emissionen weiter zu reduzieren. Etwa auf umweltfreundliche Antriebstechnologien, auf die man vom Schlepper bis zur Flugzeugtreppe setze. Und immer mehr Geräte und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor würden durch elektrisch betriebene Fahrzeuge ersetzt.

Dennoch dürfte die vom Flughafen beim Landesverkehrsministerium beantragte Ausweitung der Flugbewegungen in Düsseldorf auch zu einer weiteren Umweltbelastung mit mehr Lärm und Feinstaub rund um den größten NRW-Flughafen führen. In der vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) werde aber schon nicht in ausreichendem Maße auf bereits bestehende gesundheitliche Auswirkungen durch Lärm und Luftverschmutzung eingegangen, kritisieren die Mediziner der Uni Düsseldorf. Auch würden die bei einer Ausweitung der Flüge zu erwartenden Veränderungen nicht umfassend betrachtet. Die UVS biete "daher keine ausreichende Basis für die Abwägung der Vor- und Nachteile der geplanten Kapazitätserwartung", so die Schlussfolgerungen der Gutachter.

 

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