Marshallplan für Schullüftungen?
In der Covid-19-Pandemie hat sich eine über viele Jahre missachtete Empfehlung von Wissenschaftlern und Bundesämtern gerächt: Nur in einem Bruchteil der Unterrichtsräume werden der Aussenluftwechsel und damit gesundheitlich-hygienische Vorgaben der Innenraumluftgüte über maschinelle Lüftungsanlagen sichergestellt. Um das Versäumnis zu korrigieren, ist ein Marshallplan für die Schullüftung erforderlich.
Auszug von TGA-Quelle: Jochen Vorländer
- Das Lüften von Unterrichtsräumen ist aktuell im Fokus der Politik und der Öffentlichkeit und ein Schlüsselfaktor zur Begrenzung der wirtschaftlichen Auswirkungen während der Coronavirus-Pandemie.
- Die aktuell geltende 20-5-Minuten-Fensterlüftungsregel ist keine neue Vorgabe, sondern die Konkretisierung einer schon seit vielen Jahren geltenden Empfehlung.
- Die Reaktion bei Lehrern und Gesellschaft auf die 20-5-Minuten-Regel zeigt aber, dass bisher in Unterrichtsräumen viel zu wenig gelüftet wurde und eine gesundheitliche Unbedenklichkeit der Innenraumluft mutmaßlich regelmäßig nicht sichergestellt war.
- Bekannt ist seit vielen Jahren, dass für Unterrichtsräume eine Fensterlüftung allein nicht geeignet ist, während der Nutzungszeiten gute Innenraumluftqualitäten sowie ein gutes und behagliches Innenraumklima zu gewährleisten.
- Empfohlen wird ein Konzept mit Grundlüftung über mechanische Lüftungsanlagen und Zusatzlüftungsmöglichkeit über Fenster in den Pausen (hybride Lüftung).
- Der Investitionsstau liegt in einer Größenordnung von 5 Mrd. Euro*. Sein Auflösen in den nächsten Jahren würde sich an vielen Stellen auszahlen.
*Die Installation eines dezentralen Schullüftungsgeräts kostet nach verschiedenen Quellen zwischen 8000 und 15 000 Euro. Kalkuliert man auf dieser Basis mit 12 500 Euro pro Klassenzimmer als Referenzfall, ergibt sich ein Investitionsbedarf von 5 Mrd. Euro.
Vergleicht man die Stromkosten eines Schullüftungsgeräts mit Wärmerückgewinnung mit einer gleichwertigen Fensterlüftung, liegen sie auf gleichem Niveau wie die Kosten zum Ausgleich des Lüftungswärmeverlusts.
Ausblick
Dass in nur wenigen Schulen die Unterrichtsräume maschinell belüftet werden, ist in erster Linie eine Geldfrage. Um das zu ändern, ist ein Marshallplan für die Schullüftung erforderlich. Denn bei der Bildung zu sparen, zahlt sich nicht aus. Legt man die grob ermittelten Kosten von 5 Mrd. Euro auf 10 Mio. Schüler um, sind es lediglich 500 Euro pro aktuellem Schüler und bei angenommenen zwölf Schuljahren zuzüglich der Wartungskosten etwa 50 Euro pro Jahr und Schüler.
Von einem Marshallplan für die Schullüftung würde nicht nur das Bildungssystem profitieren, Sozialkassen und Gesundheitssystem würden entlastet, der Unterrichtsausfall würde verringert und es würden Arbeitsplätze bei Planung, Installation, Geräte- und Zulieferindustrie gesichert.
Man muss nicht lange überlegen, die Gewährleistung einer hohen Luftqualität wird sich auszahlen!
Zum Vergleich:
Der Report „Bildung und Forschung in Zahlen 2020“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung weist für das Jahr 2016 als Mittelwert für alle öffentlichen Schulen 7100 Euro pro Schüler an Personalausgaben für Schulen und Schulverwaltung einschließlich unterstellter Sozialbeiträge für verbeamtete Lehrkräfte sowie Beihilfeaufwendungen, laufenden Sachaufwand und Investitionsausgaben aus.
Der Anteil der Schulausgaben für Personal belief sich 2016 nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Bildungsfinanzbericht 2019) pro Schüler auf 5800 Euro, für den laufenden Sachaufwand wurden 900 Euro und für die Investitionsausgaben 400 Euro aufgewendet.
Im Jahr 2018 betrugen die Ausgaben der öffentlichen Haushalte für die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen insgesamt 69,2 Mrd. Euro. Davon stellten die Länder 56,3 Mrd. und die Gemeinden 12,9 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Ausgaben des Bundes betrugen weniger als 0,1 Mrd. Euro.